1869 - Gruber - Die Pädagogik des Kindergartens | |||||
1861 |
Joseph Gruber, der schon Artikel für Georgens Publikationen "Orbis laboris" und deren Vorgänger lieferte, schreibt 1869 ein Buch, in dem er Stellung gegen die 'Fröbelei' nimmt, und beschreibt, wie man es seiner Meinung nach besser machen sollte. Dieses Buch ist hier besonders interessant, weil er dabei reichlich Bezug auf die Arbeiten im "Orbis laboris" und von Georgens nimmt. Höhepunkt ist dabei die Erwähnung, dass Georgens für Bausteine und die Steine für das Täfelchenlegen eine Steinmasse verwendet, gegossen oder gepresst!
Hier noch das vollständige Transkript des Abschnittes Bauen und Täfelchenlegen 1. Das Bauen. Das Bauen ist eine Beschäftigung, woran die Kleinen eine große Freude haben. Schon auf dem Sandhaufen bauen sie allerlei, z. B. Höhlen, Berge, Gräben, kleine Tunnel. Bei diesen Ausführungen ist das Wort „Bauen" nur mehr im uneigentlichen Sinne zu nehmen. Das Bauen im engeren Sinne beginnt mit den Klötzchen oder auch Bausteinen. Fröbel bedient sich vieler Künsteleien beim Bauen. Der sonst ins Maßlose schweifende Fröbel beschränkt beim Bauen die Anfänger in ganz unmotivierter Weise. Er legt den Kleinen etwas vor, das er so gibt: „der durch seine Mitte und allen Seiten hin gleichlaufend mit denselben einmal geteilte Würfel." Die „dritte Spielgabe" beschrieb dann dieses Bauen näher. – Wir fragen aber: Wozu das Beschränken des Bauens der Kleinen? Wozu es nämlich bloß mit acht Würfeln ausführen lassen? Gewähren wir den Kleinen bei den ungeselligen Spielen freieren Spielraum, so ist es wohl geboten, wenn wir ihnen bei den Beschäftigungen, namentlich beim Bauen, einen freieren Raum für die Tätigkeit gönnen. Warum legt Fröbel anfangs nur Würfel vor? Warum nicht auch Säulen? Das Einfachste ist nicht allemal auch das Leichteste. Das Leichteste hat aber nach echt pädagogischen Grundsätzen den Vortritt vor dem Schwierigen. Leichter ist gewiss das Bauen, wenn ich den Kleinen anfangs mehr als acht Würfel vorlege, als wenn ich ihnen gleichsam die eiserne Notwendigkeit auferlege: „nur acht Würfel stehen beim ersten Bauen zur Verfügung.“ Es müssen also dem bauenden Kinde mehr als acht Würfel, vorgelegt werden, und dann nicht bloss Würfel, sondern auch Säulen, einfache und doppelte Würfelplättchen, Bogen, Dach und Turmformen. Betrachten wir nun das Material, woraus die Bauwürfel, Bausäulen u. bestehen. Fröbel liess die sogenannten Bauklötzchen von Holz anfertigen. Andere, wie z.B. Dr. Georgens, erfanden eine Masse, welcher sie weiße und rote Farbentöne verliehen. Diese Masse wird in verschiedene Formen gegossen, so dass daraus Würfel, vierseitige Ecksäulen, Prismen, Platten von halber Würfelstärke und endlich noch Bogen, welche den oberen Teil von Brücken, Fenstern, Türen und Toren darstellen, hervorgehen. Die bezeichneten Baustücke haben in erforderlicher Menge vorhanden zu sein. Würfel können die größere Anzahl ausmachen; nach diesen die vierseitigen Ecksäulen; die übrigen Bausteine in geringerer Anzahl. Nach unserem Geschmacke und nach unserer ästhetischen Bildung darf mit Bauklötzchen oder Bausteinen keine Kanone, kein Baum, keine Scheibe etc. gebaut werden; denn wenn man auch sagt, ich baue eine Maschine, so doch nicht, ich baue eine Kanone, welche gegossen und gebohrt wird; wie falsch ist es erst: ich baue einen Baum. Die organischen Gebilde wachsen, die kann Niemand bauen; nur dem Fröbel ist es ein Leichtes, auch das Unmögliche möglich zu machen. Wir dagegen fordern: man baue nicht einmal immer das Mögliche, sondern man achte auch darauf, ob das Mögliche auch wahr ist, ob es dem ästhetischen Geschmack entspricht; denn das Mögliche, das nicht wahr ist, kann auch nicht ästhetisch sein. Wir fordern daher, dass innerhalb des Kindergartens oder der Kinderbewahranstalt nur architektonische Grundformen dargestellt werden, „deren Komplikation dem Freibauen überlassen wird. Solche Grundformen sind: die einfache und die doppelte Treppe, das verschiedenartig zusammengesetzte Kreuz, die Fensteröffnungen, das Tor, der Turm." (Der sozial-pädagogische Arbeiter von Dr. Georgens, 1859. Juli - September-Heft, S. 179.) Bevor wir jedoch das Bauen, wie wir es ausführen lassen, eingehender darstellen, mögen Fröbel‘s Bauten in Kürze die Revue passieren. Wir wissen es schon, dass Fröbel alle Tätigkeiten besingt und besingen lässt. So besingt er den Würfel, das Bauen, die aufgeführten Bauobjekte. – Auch von diesem Singsang werden wir mehrere Proben mitteilen, damit auch hier wieder das Vorgehen der Fröbelei und der Fröbel-Schule in ihrer pädagogischen Untüchtigkeit und Schwäche ans Tageslicht trete. „Liebe kleine Würfel kommt, Kommt zum Kindchen, kommt, Kommt aus eurem kleinen Haus, Kommt doch zu uns heraus.“ Dies Bauliedchen bringen die beiden Naveau's in ihren „200 Spielen und Liedern" Nr. 54. Wer es singen soll, ob Erzieherin oder Kind, oder beide, bleibt zweifelhaft. Sänge man die lieben kleinen Würfel nicht an, fürwahr! sie kämen nicht heraus aus ihrem kleinen Haus und bliesen Trübsal in der Finsternis. Der Fröbelschule ist der Spruch: „Frisch zur Arbeit und wenig gesprochen!" etwas gänzlich Unbekanntes. Sie singet zu Anfang der Arbeit, sie singet beim Verlaufe derselben, sie singet ohne Rast in einem fort, und hat sie zu singen und zu besingen aufgehört, dann kommt erst wieder das endlose Schwätzen aufs Tapet; sie singt und schwätzt ohne Not, ohne Beruf. Ein solches sinnlose, jeden gesunden Sinn tötende Geschwätz ist die folgende Reimerei: „Kugel und Würfel sind unser Freund, Ruh' und Bewegung verbunden erscheint. Überall von dem Umkreis hin Kehren wir zu der Mitte den Sinn; Werden dabei nicht müde im Fleiß, und gewinnen endlich den Preis.“ So Middendorf in „die Kindergärten. Bedürfnis der Zeit, Grundlage einigender Volkserziehung,“ 1848, S. 23. Ist denn das Jahr 1848, welches wohl Manche ein „Taumeljahr“ zu nennen beliebten, das aber gewiss zu den wichtigsten dieses Jahrhunderts zählt, in der Tat ein so armes gewesen, dass es solcher schlechten Reimereien bedurfte, um darzutun, dass die Kindergärten Bedürfnis der Zeit waren. Wenn der Fröbel-Kindergarten so schlecht ist, als die von ihm hervorgebrachten Reime, und er ist um nichts besser als diese, - dann haben die Reime selbst ihr Urteil über Anstalten abgegeben, in welchen sie entsprangen. Weder das Jahr 1848, noch ein anderes bedurfte der schlechten Reime; und wenn unsere Zeit keine bessere wäre als die Fröbelverse, dann fürwahr wäre sie eine Zeit, die kein Lob verdiente. Unsere Zeit ist eine große, in ihr sind die Fröbelinger zu Zwergen zusammen geschrumpft, weil sie diese Zeit weder begriffen, noch verstanden; sie wollten dieselbe vielmehr nach ihren Launen umwandeln. Die Zeit ist jedoch kein Stück Ton, der man nach Belieben willkürlich neue Fröbel-Zerr gestalten aufdrücken könnte. – Fröbel lässt einen Stuhl bauen mit Klötzchen. Man könnte hierbei noch ein Auge zudrücken; allein, wenn man die Reime und das blasierende Gewäsch über den Klötzchenstuhl liest, da denkt man, in dem Kopf war es nicht richtig, wo solches Zeug entstand. „Es ist der Stuhl der Großmutter, so spricht Fröbel, auf welchen sie sich setzt, und das Kind, wenn es still ist, auf den Schoss nimmt und ihm etwas erzählt. Diesen Gedanken sagt die Mutter dem Kinde im entsprechenden Reimliedchen; singt es auch wohl." Dann aber wird gesungen: „Der Großmutter, der lieben Frau'n Will ich diesen Sitz erbau 'n, Den mag sie zur Ruhe wählen, Wenn sie uns was will erzählen.“ So singt Fröbel in seiner „Anleitung zum rechten Gebrauche der dritten Gabe des entwickelnd erziehenden Spiel und Beschäftigungsganzen: des einmal allseitig geteilten Würfels, „die Freude der Kinder"; gegeben von Friedrich Fröbel." 1851. – Was soll man zu einem solchen Buchtitel-Bombaste sagen? Wer einen solchen Schwulst als Titel schreiben kann, der ist nicht weit her. Schwulst ist etwas Anormales, er ist Lüge. Dann, der Reim! wie unwahr ist er doch! Ist es denn wahr, dass der mit Klötzchen aufgerichtete Stuhl für die Großmutter gehört? Ist es denn wahr, dass sie darauf ihre Ruhe nehmen wird? Das müsste eine Großmutter sein, wie nur ein Däumling, um auf dem Klötzchenstuhl sitzen zu können. Die Fröbelschule ist die Geburtsstätte der männlichen und weiblichen Däumlinge. Das Kind, das solchen Däumlingserziehern und Däumlingserzieherinnen in die Hände fällt, kann selbst nur wieder zum geistigen Däumling – ja zum Idioten – zusammenschrumpfen. Nach dem mitgeteilten Fröbelreime spricht die Mutter weiter zu ihrem Kinde in Prosa: „Komm, Großmutter, der Stuhl ist da, kannst Dich niedersetzen.“ So spricht die Mutter gleichsam aus dem Munde des Kindes und fährt dann fort: „Die Großmutter ist nicht da; sie ist in der Küche und kocht dem Vater die Suppe; oder sie pflanzt im Garten Blümchen, Blümchen für die Schwester.“ Welcher Mutter wird es aber je einfallen, solche Unwahrheiten dem Fröbel nachzusprechen? Und wie unrichtig ist die ganze Situation dargestellt! Die Mutter ist bei dem Kinde und schwätzt mit demselben, während die Großmutter für den Vater die Suppe kocht. Warum kocht nicht lieber die Mutter? Warum kocht die Großmutter bloß für den Vater und zwar weiter nichts als Suppe? Wenn man kocht, so kocht man doch nicht bloß für eine Person, da im Hause außer dem Vater, noch Mutter und Kind und Großmutter sind. Wie wir sehen, so empfängt das Kind lauter Unrichtigkeiten, Unwahrheiten, und doch spricht die Fröbelei von einem entwickelnden Erziehen. Wer entwickelnd erziehen will, darf keine unrichtigen Vorstellungen verbreiten; wer entwickelnd erziehen will, darf die Kleinen weder mit allerlei Singsang malträtieren, noch ihnen die Wahrheit vorenthalten. Auch die Nachbeterin, Frau Lina Morgenstern, bringt in ihrem „Paradies der Kindheit" (S. 48) einen famosen Stuhlreim: „Ein Stuhl, ein Stuhl, Das Kindchen hat den Stuhl gestellt, Der Stuhl der Mutter wohlgefällt.“ Sie schaue die Zeichnung in ihrem Buche an, ob dieselbe einen Stuhl vorstellt? Oder haben die Fröbelfreunde solche Stühle? Bei uns sieht ein Stuhl ganz anders aus. Bei uns hat nämlich der Stuhl vier Füsse, nach der Fröbelwillkür und der Morgensternlaune kann eben ein Würfel die vier Füße recht gut vorstellen, denn 1 ist 4; bei uns hat der Stuhl auch eine Lehne und dann den eigentlichen Sitz, welchen die vier Füße unterstützen. Auch etwas Prosa führen wir aus dem Morgenstern'schen „Paradiese" vor. In der 17. „Spielanwendung" lesen wir Folgendes: „Olga baut mit ihrem Würfel. Auch Olga hat die dritte Spielgabe erhalten. Sie ist fast zwei Jahre alt; sie hat noch einen größeren Bruder und eine Schwester. Den Bruder sah sie oft mit dem großen Baukasten spielen, nun hat sie ein kleines Baukästchen bekommen. Und wie hübsche Sachen hat ihr die Mutter mit den in acht Teilchen zerfallenden Würfel gezeigt. Erst einen Thron, wo ein König darauf sitzt, dann des Großvaters und der Großmutter Lehnsessel; dann wurden wieder die Würfelchen zusammen geschoben und ein Speiseschrank stand da, – aus dem Speiseschrank ward ein Schloss mit zwei Türmen, dann gar eine Lokomotive, eine lange Eisenbahn, eine Treppe, eine Leiter usw.". Wir brechen ab. Frau Morgenstern ist eine treue Nachtreterin und Nachbeterin ihres Meisters Fröbel. Sie sieht auch nicht weiter als er, der Angebetete. Aber gewaltig ist ihre Phantasie, dies Zeugnis kann man ihr ausstellen. Sie lässt mit acht Bauklötzchen auch eine Lokomotive bauen. Ist das nicht kolossal phantasiereich? Wie arm sind doch die Maschinenbauer, dass sie so viele Räder und Sachen brauchen, um eine Lokomotive zu bauen. Warum gehen sie nicht zur Fröbelei in die Schule? Diese ist so mächtig, dass sie von acht Würfeln eine Lokomotive baut. Und will Jemand ein Schloss mit zwei Türmen bauen lernen, so gehe man nur wieder zur Fröbelei, diese baut mit acht Würfeln ein Schloss. So wie aber die blinde Henne auch dann und wann ein Weizenkorn findet, so findet auch zuweilen die Fröbelei das Rechte, gleichsam nur so im Traume. Unter allen Gegenständen, welche Frau Morgenstern bauen lässt, wie Königsthron, Großmutter-Lehnsessel, Speiseschrank, Schloss mit zwei Türmen, Lokomotive, lange Eisenbahn, Treppe, Leiter, ist bloß die Treppe richtig. Das Schloss ist zwar auch ein architektonisches Objekt, allein mit acht Würfeln baut es kein vernünftiger Mensch. Doch die Fröbelschule hat so recht die entwickelnd erziehende, oder erziehend entwickelnde Methode, darum gestattet sie sich, recht zügellos zu sein, darum wagt sie es, die Kleinen Falsches, Unwahres, Ausgeartetes zu lehren. Die „fast zwei Jahre alte Olga“ ist ein Prachtexemplar der Fröbelei. Sie wird schon im zweiten Jahre mit der dritten „Gabe“ bekannt gemacht. Das ist Verfrühung. Weil jedoch Frau Lina Morgenstern gar so ausgezeichnet entwickelnd erzieht, wollen wir noch eine Spielanwendung, und zwar die 18. vornehmen. „Die fünfjährige Clara lernt am achtmal geteilten Würfel die Zahlenverhältnisse. Wie viel kleine Würfelteile hat dein Würfel? fragte die Mutter, als sie, bei ihrer -Arbeit sitzend, zugelauscht hat, wie das Kind, vor sich hin plaudernd, sich mit den Würfeln in Zahlen unterhielt. Das Kind stellte nun ein Teilwürfelchen nach dem andern herunter und zählt 1 und 1 und wieder 1 und noch 1! halt Kindchen, das müssen wir anders anfangen! ruft die Mutter und singt, in dem sie die Würfel aufnimmt: Eins und Eins - sind zwei - Und Eins dazu sind drei. Clärchen wiederholt es mit der Mutter. Diese nimmt wieder Würfel herab, und einen neben den andern stellend, zählt sie immer weiter bis es acht find. Hat das Kind die Zahl acht in ihrer Folgenreihe richtig erfasst, so lässt die Mutter die Würfel von dem Kinde übereinanderstellen und sie selbst zählen. Jetzt nimmt die Mutter die obersten Würfel ab und singt: Jetzt hab' ich acht, eins ab, sind es sieben, Sieh' zu, wo ist das Achte geblieben? Das Kind erhält hier gleich wieder den Doppelblick zuzuzählen und abzuziehen. Die Mutter setzt das Spiel des Abziehens fort und wenn das Kind auch dies richtig erschaut hat, geht die Mutter, immer harmlos spielend, zu neuen Anschauungen über. Clärchen setz' einmal je zwei Würfel zusammen. Das Kind tut es, wobei es unwillkürlich, immer aber gleichmäßig setzen wird. Die Mutter zählt nun singend: Zwei und zwei verbunden Sind alle vier gefunden! Zwei und zwei macht vier, Viere dort, wie hier! Gib mein Kindlein Acht, Zwei mal vier macht acht, Gib mein Kindlein Acht, Vier mal zwei find acht! Dabei rückt die Mutter, je zu ihren Worten, die Würfel zusammen und auseinander. Hier prägen sich nicht nur die ersten Zahlenverhältnisse dem Kinde ein, als Gedächtnissache, sondern als ein beachtetes, angeschautes Lebendiges, das daher nicht leicht vergessen wird.“ Soweit Frau Morgenstern. Wir gönnten ihr das Wort; jetzt werden wir es uns gönnen. Wir werden in möglichster Kürze aus dem Morgenstern-Zitate dartun, wie dasselbe von der größten Stümperei in der Erziehung Zeugnis ablegt. Zuerst wollen wir Sprachliches berichtigen, dann wieder im Pädagogischen fortfahren. Frau Morgenstern sagt: „Die fünfjährige Clara lernt am achtmal geteilten Würfel die Zahlenverhältnisse.“ Achtmal ist entschieden falsch. Wenn ich einen Würfel nehme und ihn achtmal teile, so erhalte ich gewiss mehr als acht Teile. Denn teile ich einen Würfel einmal, erhalte ich zwei Teile, und so fort. Sie sollte sagen: Die fünfjährige Clara lernt am Würfel, der in acht gleiche Teile geteilt ist. Fröbel drückt dies in seiner Redeweise so aus: „Der durch seine Mitte nach allen Seiten hin und gleichlaufend mit denselben einmal geteilte Würfel.“ Mit drei Schnitten macht man aus einem größeren Würfel acht kleinere. Dies kann man leicht ausführen. Man nimmt eine Birne oder einen Apfel, schneidet daraus einen Würfel, diesen teilt man dann in zwei gleiche Hälften, diese zwei Hälften wieder in zwei gleiche Hälften, und die vier gewonnenen wieder in Hälften, so erhält man acht gleiche Würfel. Also die fünfjährige Clara muss, so will es eben Frau Lina Morgenstern, und „des Menschen Wille ist sein Himmelreich", die Zahlenverhältnisse kennen lernen. Arme Clara! Blinde Frau Lina! Diese blinde Frau Lina, diese verfrühende Frau Lina, diese unpädagogische Frau Lina, diese den jungen Geist tötende Frau Lina, greift gleich ordentlich zu beim Rechnen. Sie wähnt, mit acht leichter als mit zwei zu rechnen, und weil es gerade dem Fröbel einfiel – und der hatte, wie man in Österreich zu sagen pflegt, „Einfälle wie ein altes Haus", – einen Würfel in acht Teile zu teilen, so muss man natürlicherweise auch sicherlich mit der Zahl acht anfangen. – Als das Kind Clara die acht Würfel zählt, 1 + 1 + 1 + 1 etc., da ruft die Mutter, die gewiss keine andere ist, als unsere Frau Lina: „Halt, Kindchen, das müssen wir anders anfangen!" Und wie fängt sie es an? In Reimen, die an Ungereimtheit Alles übertreffen. Besonders gut nimmt sich auch der Morgenstern‘sche, „Doppelblick“ aus, indem Clara nach dem Zusammenzählen gleich das Abziehen lernt. Was lässt sich aber nicht Alles gegen ein falsches Verfahren einwenden? Erstlich, dass es ein gänzlich verfrühtes; zweitens ein seichtes; drittens, ein falsches; viertens, ein unmethodisches Verfahren ist. Da verwundere man sich dann nicht, wenn auf der Lehrerversammlung zu Hildesheim in einer Nebenversammlung – wir gedachten derselben schon einmal – die Klage gegen die Fröbelkindergärtnerei erhoben wurde, dass die Kinder des Fröbelkindergartens unachtsam, zerstreut in den Schulen sitzen. Köhler suchte zwar diese Anklage zu entkräften; allein, ob er auch die Kläger bekehrte, so dass sie in sein Lager übergingen, steht nicht geschrieben. Durchmustert man die Schriften Fröbel's und seiner Schule, so kommt man gar bald der Klage auf den Grund. Weil nämlich die Fröbelei verfrüht; weil sie in andere Gebiete übergreift, die sie noch unberührt lassen sollte ; weil sie gleich fliegen, d.h. glänzende Resultate erzielen will; weil sie ferner zu rasch vorwärts geht, – in einem Atem kommt Frau Morgenstern von zwei zu acht; weil sie seicht, und unmethodisch die Disziplinen behandelt: – darum darf man sich wohl nicht wundern, wenn sie nur Wunderliches zu Tage fördert; wenn die ihr anvertrauten Kleinen Treibhauspflanzen gleichen, denn sie werden getrieben ; ja noch mehr, sie werden gejagt, gehetzt von einem Gegenstande zum andern, von einer noch unmöglich erstiegenen Stufe zur andern. Wer aber in solcher Weise an den Kleinen sich vergeht, wer sie so behandelt, ja misshandelt, von dem dürfen wir mit gutem Gewissen behaupten, dass er kein Pädagoge ist. Was im Fröbelkindergarten geschieht, ja noch mehr, was eine Fröbelmutter, in speziellem Falle, was eine Fröbel-Morgenstern tut in Beziehung auf die Erziehung ihrer Kinder, das ist noch etwas ganz anderes als geistige Stallfütterung: es ist ein gewaltsames, ein mit einer Maschine künstlich vollzogenes Vollpfropfen, so wie man an manchen Orten die Gänse zu mästen pflegt. Die Fröbelei wähnt, weil jetzt schon Alles per Dampf, ja noch rascher, per Telegraph gehe, darum müsse man es auch in der Erziehung so machen. O Fröbelei! O Fröbelei! Wähnst du denn wirklich, dass die Welt davon rennt, weil man mit Dampf fährt, mit dem Blitze schreibt und mit dem Lichte im Augenblick malt? Die Welt, das kannst du, Fröbelei, schon wissen, bleibt dieselbe, sie entwickelt sich nach bestimmten Gesetzen, die zu überschreiten einem Jeden, der dies zu tun wagte, Schaden und Schande brächte. Die Fröbelei greift schon über in das Gebiet der Elementarklasse und will schon in alle Wissenschaften und Gewerke einführen; sie will damit zeigen, was sie Alles zu leisten im Stande ist, verdirbt aber dem Elementarlehrer Alles, weil er oft kaum in den einzelnen Disziplinen der Volksschule eine solche Stufe zu ersteigen hat, als die Fröbelei im Kindergarten zu ersteigen vorschreibt. – Die Beachtung der „Altersstufen" ist aber das erste Gesetz aller Erziehung! Die Fröbelschule weiß zwar, was sie zu leisten hätte, wie weit sie gehen dürfe bei Behandlung der einzelnen Disziplinen, sie bezeichnet genau die Aufgabe des Kindergartens, handelt aber trotz alledem ihrer eigenen Aussage schnurstracks entgegen. So lesen wir in der von Wichard Lange redigierten „Friedrich Fröbel's Wochenschrift", 1850, Seite 7: „Einführungsrede an angehende Kindergärtnerinnen von einer Ausübenden. Die erste Frage, die wir uns vorzulegen und zu beantworten haben, ist: „Was ist und was will der Kindergarten? Der Kindergarten ist eine Anstalt, welche dem Kinde einen Aufenthalt bietet, in welchem es gleich der Pflanze im Garten, Raum, Zeit und Mittel findet, sein eigenes innerstes Wesen zu entwickeln.“ „Die Aufgabe der Kindergärtnerin besteht darin, die im Kindesgemüt schlummernden Keime auf naturgemäße Weise zu wecken, und zum Bewusstsein zu bringen." Abgesehen von den bildlichen Ausdrücken, die wir hier nicht vollständig billigen, weil „omne simile claudicat“ und bei einer Definition mit einem Bilde nichts definiert wird, – so sind wir mit den Auslassungen, der Ausübenden “ über die Aufgabe des Kindergartens einverstanden. Denn das innerste Wesen des Kindes zu entwickeln, ist gewiss Aufgabe der Erziehung. Betrachten wir jedoch die vergleichende Rede der Ausübenden. Wenn sie behauptet, im Kindergarten finden die Kinder gleich der Pflanze im Garten Raum, Zeit und Mittel, ihr eigenes innerstes Wesen zu entwickeln, so ist das in gar mancher Beziehung unrichtig und falsch. Denn findet die Pflanze nur im Garten Raum, Zeit und Mittel zur Entwickelung des innersten Wesens? Gibt es doch viele Pflanzen, welche im Garten kaum recht vegetieren, oft nur mit der größten Mühe und Sorgfalt vom Freien in den Garten zu verpflanzen sind - - ich erinnere nur an den Frauenschuh, Cypripedium calceolus - und dann auch nicht recht fortkommen, denn ihnen behagt der eingeschlossene Raum gar wenig; während sie im Walde und auf dem Felde ohne alles menschliche Zutun, vielmehr nur durch den geeigneten Grund und Boden, durch Regen und Sonnenschein lustig und fröhlich gedeihen, denn sie stehen im allgemeinen Garten Gottes. Nehmen wir also an, der junge Mensch entwickelt sich wie die Pflanze. Aber, so wie es Hunderttausende von Pflanzen gibt, die nicht alle mit demselben Grund und Boden zufrieden sind, so wird es wohl auch mit den jungen Menschen pflanzen sein. Wenn nicht eine jede Pflanze im Garten gedeiht, so auch nicht ein jedes Kind im sogenannten Kindergarten. Es gibt Pflanzen, die nur im Garten bei sorgsamer Pflege des Gärtners gedeihen, und es gibt Pflanzen, die nur draußen im Freien, ohne Pflege fortkommen. Vergleichen wir daher den sich entwickelnden Weltbürger mit den Pflanzen, so dürfen wir ihn nicht einseitig bloß mit einer Gartenpflanze vergleichen, es muss auch zugegeben werden, dass manches Kind sogar bei bester Pflege und Aufsicht wenig gedeiht; es gediehe ohne beide gewiss vorzüglicher. Hu ! werden die Fröbelkindergärtner und Gärtnerinnen sagen: der wirft sich ja zum Lobredner des Naturzustandes auf, der will die Erziehung verbannen. Dies könnte ich gerade von mir selbst nicht behaupten, der ich ein halbes Menschenalter im Werke der öffentlichen Erziehung arbeite und wirke. Ich zog nur die Konsequenzen, welche daraus fließen, wenn man den Menschen mit einer Pflanze vergleicht. Das Wort „Kindergarten“ ist auch ein bildlicher Ausdruck, der uns ebenfalls an Pflanzen erinnert, die nur im Garten fortkommen. Nun taucht die Frage auf: Sollen also nicht alle Menschen erzogen werden? Ich antworte hierauf: Im Sinne der Fröbelpädagogik nicht. Es wäre ein großes Unglück, wenn alle Kinder nach der Schablone der Fröbelei erzogen würden. Nur manche Kinderpflanzen, wie z. B. die fünfjährige Morgenstern Clara werden im Kindergarten gedeihen, wenn so etwas überhaupt gedeihen kann; viele, sehr viele Kinderpflanzen dagegen werden darin ein kümmerliches Leben fristen, nämlich die naturwüchsigen Kinder, welchen das Süßtun der Kindergärtnerei à la Fröbel von Herzen zuwider sein muss, denn Fröbel's Schule stutzt Alles nach seinen Launen und Einfällen zu. Die Fröbelei gleicht in mancher Beziehung einem französischen Garten; darin ist Alles geschniegelt und gebügelt; da darf kein Ast wegstehen, die Bäume werden zugestümmelt, die Wege gehen alle in gerader Richtung; die Natur wirkt zwar auch in einem französischen Garten fort, das ist wahr, die Bäume wachsen empor, aber es ist dem Freunde der Natur doch leid um die Bäume, welche dastehen wie verstümmelte Menschen ohne Arme. Oder die Fröbelei gleicht jener Mode, wonach man den Pferden die Schwänze stümmelte ; das Pferd ging darob nicht zu Grunde, aber es konnte die Fliegen und Bremsen nicht von sich abwehren; es musste sich von ihnen stechen und peinigen lassen. Die Fröbelkindergärten kommen mir so vor, wie die Konventikeln, welche in allen religiösen Konfessionen bestehen. Es find immer nur Wenige, welche sich zu solchen absonderlichen Versammlungen hingezogen fühlen. Aber die Konventikler mögen sich dann nicht weiter bemühen, Propaganda zu machen, weil sie in ihren Bestrebungen leicht unausstehlich werden. Die Fröbelei bildet einen pädagogischen Konventikel. Sie habe ihre Freude daran. Allein sie lasse ab von ihrem Streben, Andere in ihre Schablone zu bringen. Die Natur kennt keine Schablone, nur Gesetze; sie kennt keine Willkür, sondern nur eine Notwendigkeit; die Fröbelei dagegen schwärmt nur für ihre Schablone, die Fröbel ausgeklügelt; sie schwärmt für pedantische Dressur, wie für Zügellosigkeit zugleich. Hamann, der Magus vom Norden, sagt in einem Zitat der Wochenschrift Fröbel 's: „Das größte Gesetz der Methode für Kinder besteht darin, sich zu ihrer Schwäche herunter zu lassen, ihr Diener zu werden, wenn man ihr Meister sein will, ihnen zu folgen, wenn man sie regieren will, ihre Sprache und Seele zu erlernen, wenn wir sie bewegen wollen, die unsrige nachzuahmen.“ „Die Vollkommenheit der Welt scheint in der Entfernung von der Natur zu bestehen. Wie unnatürlich haben uns Moden und Gewohnheiten gemacht und wie schwer fällt es uns in unsern Zeiten, zur Einfalt und Unschuld zurückzukehren.“ (S. 192.) – Fröbel las doch wohl diese Aussprüche, die in seiner Wochenschrift mitgeteilt werden. Er handelte aber dem Inhalte derselben in jeder Hinsicht entgegen. Er wähnte die Natur zu kennen, er kannte sie aber nicht. Denn seine Sprache ist nicht natürlich, seine Darstellung ist nicht natürlich, sein pädagogisches Vorgehen ist nicht natürlich. Alle Spielereien, Tändeleien, Reimereien, die von ihm und seiner Schule ausgingen, legen ein eklatantes Zeugnis dafür ab, dass er die Natur nie verstand, dass er unfähig war ihre Laute zu vernehmen, zu deuten, dass er die Einfalt und Unschuld der alten Sitten missachtete, eben weil er diese modernisierte, fröbelisierte. Seine Sprache ist durch und durch Unnatur. Man greife nur zu seiner „Menschenerziehung“, die er 1826 schrieb. Nur einige Stellen wollen wir daraus anführen. „Das Verhältnis der Natur zu Gott kann von dem Menschen wahr und klar angeschaut und erkannt werden durch die Anschauung und das Klarmachen des inneren und innersten geistigen Verhältnisses eines echten Menschenkunstwerkes zu seinem darstellenden, es dargestellt habenden Künstler; untergeordnet kann es angeschaut und erkannt werden bei jedem Menschenwerke in Beziehung auf den es dargestellt habenden, es hervorbringenden Menschen." ( S. 179.) - „Schule ist das Streben, das Wesen und innere Leben der Dinge und seiner selbst dem Schüler erkennen und bewusst zu machen; die inneren Verhältnisse der Dinge zu und untereinander, zu dem Menschen, Schüler und zu dem lebendigen Grund und der sich selbst klaren Einheit aller Dinge zu Gott, kennen zu lehren und bewusst zu machen. Der Zweck des Unterrichtes ist: Die Einheit aller Dinge und das Ruhen, Bestehen und Leben aller Dinge in Gott zur Einsicht zu bringen, um dieser Einsicht gemäß einst im Leben handelt und wirken zu können, das Mittel dazu ist der Unterricht, das Unterrichten selbst. Darum tritt durch Schule und Unterricht einmal dem Schüler die Außenwelt und sich selbst als auch mit zu ihr in einer Beziehung gehörig - - als ein ihm Entgegengesetztes, Gefordertes, Fremdes und Anderes entgegen.“ ( S. 150.) – So und noch viel verwickelter, gesuchter, mit den Haaren herbeigezogen ist die Ausdrucksweise Friedrich Fröbel's, jenes Mannes, der den Gesetzen der kindlichen Natur nachgelauscht haben soll. „Le stil c'est l'homme"! bleibt in alle Ewigkeit wahr. Fröbel forschte den Gesetzen der Natur nach; er suchte sie, zu ergründen, in Worte zu fassen. Aber während seiner Forschungen und Fassungen verirrte er sich und siehe da! er kam aus der Natur heraus und in die Unnatur des Kindergartens hinein. Darinnen gefiel es ihm so wohl, dass er wähnte, alle Welt sei auf Abwege geraten, da doch er allein und seine ihn anbetende und nachbetende Schule auf Abwege gerieten. Wie unnatürlich ist seine Sprache noch in einzelnen Ausdrucksweisen, die er selbst fabrizierte. Betrachten wir nur die Wörter: „Lebensformen“, „Schönheitsformen“, „Erkenntnisformen". Diese Wörter schmiedete er selbst und legte in dieselben allerlei „Sinn" hinein, der am Ende doch wenig Sinn hat. Was versteht denn nun Fröbel unter Lebensformen? Schauen wir alle Tafeln an, auf welchen das Wort „Lebensformen“ steht, so werden wir uns schier etwas wundern über die willkürliche Fröbelausdrucksweise, wir werden sehen, der Mann ist mit der deutschen Sprache umgesprungen, so wie ein recht ungeschickter Töpfer :mit dem Thon umgeht, welchen er gestalten soll. Wir sehen auf die Tafeln : 1. Würfel, 2. Brett oder Platte, 3. Boden, 4. Mauer, 5. Wand, 6. Säule, 7. zwei Platten, 8. zwei Balken, 9. zwei Wände, 10. zwei Säulen, 11. vier Säulen, 12. vier Balken, 13. Balken, 14. Bank, dreisitzig, 15. Gartenbank; 16. Gartenbank, dreisitzig, 17. zwei Lehnbänke, 18. Stuhl, 19. Sessel, 20. Thron, 21. zwei Stühle, 22. Leiter, 23. Gartenleiter, 24. Ziehbrunnen, 25. Brunnentrog, 26. Denk mal, 27. Denkstein, 28. Kirche, 29. Rathaus, 30. Schloss, 31. Schloss, 32. Burg, 33. Ruine, 34. Ehrensäule, 35. Ehrenpforte, 36. Stadtthor, 37. hohes Tor mit Turm. Alle diese Sachen stehen auf den drei ersten Tafeln zu den Spiel- und Beschäftigungskästen Nr. 3; alle diese Sachen nennt aber Fröbel „Lebensformen“. - Auf den Tafeln Nr. 4 stehen : 1. Würfel, 2. Fußboden, 3. zwei Bretter, 4. zwei Bohlen, 5. vier Platten, 6. acht Bausteine, 7. Längswand, 8. Höhenwand, 9. Bank mit Rück - und Seitenlehne, 10. doppelte Bank, 11.Tisch, 12. lange Bank, 13. Tisch und zwei Stühle, 14. zwei Bänke, 15. Bank und Fußtritt, 16. Doppelbank mit Fußtritt, 17. zwei Bänke mit Fußtritt, 18. Bank mit hoher Lehne, 19. Rasentisch und Rasenbänke, 20. Gesellschaftsbänke, 21. Bank und Lehne mit Fusstritt, 22. Thron, 23. offenes Gartenhüttchen, 24. geöffnetes Gartenhüttchen, 25. Wegweiser, 26. chinesisches Schattendach, 27. Wegweiser, 28 und 29. Denkmal, 30. und 31. Denktafel, 32. Grabmal, 33. Ehrenpforte, 34. Waldhäuschen, 35. bedeckter Gang, 36. die Kreuzstraße, 37. das dreitorige Stadttor, 38. das zweitorige Stadttor, 39. Brandenburger Tor in Berlin etc.. Auf den Tafeln der Beschäftigungskästen Nr. 5 sieht man: 1. Landhaus, 2. Gartentor, 9. hohes Kreuz, 10. Mauerschanze, 17. Stadttor mit Wacht- und Zollhaus; –- auf denen Nr. 6: Säulentor oder Portal, Kolonnade, Gartenhalle nebst Sitz und Tisch, Gedächtnissäule der drei Freunde, Denksäule der Großtaten des Vaterlandes, Denksäule der drei Helden, Ehrensäule etc.. Doch genug bis zum Überdruss von dieser „Ware." Unter den Lebensformen finden wir allerlei Gegenstände, welche von Menschenhänden angefertigt werden. Für dieselben jedoch den allgemeinen Namen „Lebensformen" schaffen, ist doch nur reine Willkür. Denn wenn man die mit Bausteinen aufgeführten Bänke, Säulen, Platten, Gartenleitern, Kirchen, Tische, Tore etc. Lebensformen nennen kann, so gewiss auch alle übrigen Gegenstände, welche Fröbel ungenannt ließ, die aber im Leben des Menschen vorkommen. Nach Fröbel ist der Balken eine Lebensform, also eine Form, die Leben hat. Er ist ein mächtiger Mann, weil er in anderer Weise kein Leben geben konnte, nun so spricht er sein allgewaltiges Wort aus und es entstehen Lebensformen in Hülle und Fülle. Er lässt Leitern, Rasentische und Rasenbänke, Balken etc. bauen. Nur der Tor lässt solche Sachen bauen! Wir sagten, mittelst der Bausteine werden im Kindergarten oder in der Kleinkinderbewahranstalt nur architektonische Grundformen, als die einfache und die doppelte Treppe, das verschiedenartig zusammengesetzte Kreuz, die Fensteröffnungen, das Tor, der Turm gebaut. (Hierzu und zu den Kombinationen vergleiche die beigegebenen Tafeln I. und II.) 1. Die einfache Treppe. Der Erzieher nimmt Bausteine und legt - nach Tafel I. - vor, die Kinder sehen zu, worauf das Vorgebaute von ihnen selbst nachgebaut wird. Dabei wird wenig gesprochen. Der Erzieher sagt auch nicht, was er baut. Er lässt die von ihm gebaute Treppe betrachten und richtet an die zusehenden Kinder die Frage, was das wäre. Einige von ihnen werden es gewiss erraten. Anstatt Treppe, sagt man an verschiedenen Orten auch Stiege. Die erste Stiege wird mit sechs Würfeln –- vier einfachen und einem Doppelwürfel – gebaut. Man kann auch mit mehr Würfeln Stiegen bauen, z.B. die einstufige Treppe. Die Stufen sind weiß, die übrigen Steine rötlich gedacht. 2. Die Doppeltreppe. Sie hat rechts und links Stufen. Auch diese Stiege kann zu beiden Seiten 2, 3, 4, 5 etc. Stufen haben. Bei der Stiege mit zwei Stufen bilden fünf Würfel die Grundlage, drei stehen auf der Basis und auf diesen obenan einer, der als gemeinschaftliche Stufe dienen mag. So kann man Doppeltreppen aufführen lassen mit 9, 16, 25 Bausteinen. (Dr. Georgens, Orbis laboris, zweite Auflage, Heft I. Fig. 11. 12.) Fröbel ließ auch Wendeltreppen bauen. Doch ist dies nur ihm möglich gewesen. (S. die 6. Tafel der Spiel- und Beschäftigungskästen Nr. 4, Lebensformen.) 3. Die Kreuze. Es gibt verschiedene Kreuze, z. B. das griechische und das lateinische. Dem Orte nach, wo man sie anbringt, gibt es Grab-, Kirchen - und Turmkreuze. Beim Bauen von Kreuzen braucht man Würfel, dann Ecksäulen von zwei und drei Würfelgrößen. a) Ein Kreuz mit einem Würfel und zwei Ecksäulen von drei Würfelgrößen. Die Ecksäule steht; darauf kommt eine Säule über die Quer in der Größe von drei Würfeln; ein Würfel schließt oben ab. (Ähnlich im Orbis laboris von Dr. Georgens und Jeanne Marie von Gayette I., Heft 1, Tafel 1, Nr. 5.) b) zu dem vorigen Kreuze legt man unten links und rechts Würfel, gleichsam eine breitere Grundlage und Stufen bildend. Solche Kreuze findet man häufig auf Gräbern. (Orbis laboris I., erste Auflage Heft 1, Tafel 1, Nr. 9.) c) Ein Doppelkreuz. Bei diesem sind die aufrecht stehenden Dreiwürfel-Säulen verdoppelt; die Grundlage bilden drei Zweier-Würfel, die Stufen vier Einer-Würfel. (S. Orbis laboris, erste Auflage I., Heft 1, Tafel 1, Nr. 11.) d) Ein Kreuz mit acht Würfeln. Zwei Würfel bilden die Grundlage; auf beide jetzt man einen Würfel-Dreier, jedoch so, dass die Grundlage zu beiden Seiten in gleichem Masse unbedeckt bleibe ; über die drei Würfel legt man zwei Würfel, besser eine Ecksäule von zwei Würfelgröße, den Querbalken des Kreuzes darstellend; darauf kommt dann wieder ein Würfel in gleicher Lage mit der stehenden Ecksäule. (Nach Fröbel.) e) Ein Kreuz mit elf Würfeln. Fünf Würfel bilden die Grundlage, die zugleich ein Kreuz bildet, dessen Schenkel alle von gleicher Länge sind. Auf dem mittleren Würfel der Basis erhebt sich dann die Ecksäule von zwei Würfelgröße ; darauf legt man ebenfalls eine Ecksäule von zwei Würfelgröße und zum Schluss einen Würfel, der mit der stehenden Ecksäule dieselbe Richtung verfolgt. (Nach Fröbel.) Wir geben es zu, dass die Phantasie noch andere Kombinationen zu Stande bringt. Wir begnügen uns mit den beschriebenen; und wenn wir zwei Formen, welche an Fröbel erinnern, aufnahmen, so wird man dieses unser Verfahren für keine Inkonsequenz erklären, nachdem wir uns zu ihm in Gegnerschaft befinden. Et in hoste virtus laudanda. Wir sind nicht inkonsequent. Wir bekämpfen an Fröbel nur das Gemachte; das Erzwungene, das Unästhetische. Die architektonischen Grundformen finden wir auch bei Fröbel, allein Vieles darunter, was dem guten Geschmacke zuwider ist. Fröbel kombinierte, ebenso wie seine Schule ihm dies nachtut, ins Unendliche. Das aber ist ein pädagogischer Fehler. 4. Die Fensteröffnungen, ferner die Tür- und Toröffnungen. Alle drei Öffnungen sind negativer Natur. Sie treten in die Erscheinung, wenn Bauklötzchen so zusammengestellt werden, dass sie von vier Seiten einen leeren Raum begrenzen. Dieser leere Raum ist die Negation, im Gegensatze zur Position, welche von den Bausteinen gebildet wird, wie die Kreuze und Stiegen. Die Fensteröffnungen, auch kurzweg bloß Fenster genannt, bilden den Teil des Hauses, durch welchen die Zimmer das Sonnen- und Mondlicht empfangen. Ohne Fenster wäre das Innere des Hauses finster, wie der unterirdische Keller, der bloß Luftlöcher hat, damit die Kellerluft mit der freien Luft draußen sich berühre. a) Ein ganz einfaches Fenster. Man nimmt vier gleich große Säulen, von je drei Würfelgröße. Eine Säule bildet die Grundlage, darauf stellt man links und rechts Doppelwürfelplättchen und darüber eine Einerwürfel-Säule. Dies ist ein ganz primitives Fenster. Übrigens kann man die stehenden Fenstersäulen mit je einem Würfel verlängern. b) Ein Fenster mit Rundbogen. Diese Fenster kann man nur bauen, wenn die erforderlichen Bogen vorhanden sind. Solche Bogenfenster findet man häufig bei größeren Gebäuden in der Gassenfront. Als Grundlage nimmt man eine Ecksäule von zwei Würfelgröße, darauf stellt man links und rechts Säulen von derselben Größe, aber in halber Breite, welche dann mit dem Rundbogen bedeckt werden. c) Zwei Fenster im Rundbogenstil neben einander. Man braucht nur zwei Rundbogenfenster an einander zu schieben und das Bezeichnete ist fertig. Will der Erzieher bei dem Baue der Fenster den Kindern einen Reim vorsprechen, so möge er ihnen folgenden vorsagen, jedoch mit dem Bemerken, dass er auf die Fenster des Zimmers, wo sich die Kinder befinden, zeige, dass nämlich durch dieselben das Licht hereindringt. „Durch's Fensterlein kommt Sonnenschein; Durch 's Fensterlein dringt Licht herein; Durch 's Fensterlein, ist's noch so klein, Schau ich hinaus Aus meinem Haus.“ (Aus dem „medizinisch-pädagogischen Jahrbuche der Levana", herausgegeben von Dr. Georgens, in Verbindung mit Jeanne Marie von Gayette und Heinrich Deinhardt. Wien 1858, S. 10.) Dieser Reim gibt sich wie von selbst, nachdem man mit den Kleinen über den Zweck des Fensters gesprochen. Wie kindisch sind dagegen die Baulieder der Naveau's, aber auch die Fröbel's und aller seiner Nachbeter und Nachtreter sind um kein Haar besser. Denn „gleiche Brüder, gleiche Kappen“, oder: „gleiche Schwestern, gleiche Hauben„, oder: „gleiche Brüder, gleiche Schwestern„ – gleiche Reimereien. 5. Das Torbauen. Unter Tor ist hier weniger ein gewöhnliches Haustor zu verstehen, als vielmehr ein Stadttor und ähnliche Tore öffentlicher Gebäude. Natürlich müssen die Kinder solche Tore gesehen haben, wenn sie ähnliche nachbauen sollen. Die Tore brauchen in der Regel keine Basis wie die Fenster, mit welchen sie zwar viele Ähnlichkeit haben; sie müssen jedoch etwas grösser gebaut werden. Die Tore haben stets Türen, oder, wenn man will, Torflügel. Eigentlich sind diese nur für den Zweck vorhanden, damit sie nachts geschlossen werden. Das Tor, besser die Toröffnung, welche die Kinder mit ihren Bausteinen herstellen, ist nicht zum Schließen, denn es fehlen die Tor- Flügel. Es ist daher ganz gesucht, wenn die Fröbelschule singen und sagen lässt: „Alles nun schläft hier in guter Rub. Darum sind Türen und Fenster zu. Jeder muss sorgsam das Seine verwahren, Will er es schützen vor Gefahren.“ (Naveau, 200 Spiele und Lieder, Nr. 58.) Auf solche und ähnliche Reimereien kann die Fröbelschule in der Tat stolz sein. Sie gibt zwar vor, dass die Kleinen unendlich begeistert sind von denselben; allein welches Kind wird für solch ledernes Zeug begeistert sein? Gut dressierte Fröbelkinder werden vielleicht Begeisterung zeigen, oder sie werden es merken lassen, als ob sie begeistert wären, allein echte Begeisterung ist das mitnichten. Wir lassen folgende drei Tore bauen: a) Ein einfaches Tor, welches viele Ähnlichkeit hat mit einem Fenster, jedoch ohne Grundlage, aber mit Aufsatz. b) Ein Tor mit einem Bogen und Dachaufsatz. (S. Georgens, Orbis laboris I. Heft 1, Tafel 1, Nr. 37, 38.) c) Beim Torbauen wollen wir zugleich der Brücken Erwähnung tun. Die Brücke führt über einen Fluss, oder sie verbindet zwei Berge miteinander, wie dies z. B. bei den Eisenbahnbrücken der Fall ist. Eine lange Brücke mit mehreren Pfeilern kann auch schon von kleinen Kindern aufgeführt werden, und zwar in Gemeinschaft. 6. Das Turmbauen. Dass wir dem Aufbaue des babylonischen Turms, wie er von der Fröbelschule aufgeführt wurde, weil sie ins Unendliche, ins Blaue hineinbaut, –- nicht das Wort reden, brauchen wir kaum zu erwähnen. Es gibt eckige und runde Türme. Für erstere besitzen wir schon die vierseitigen Ecksäulen, für letztere müssen wir uns nach einer neuen Gestalt umsehen, nämlich der Walze. Die Walze ist ein neuer Körper, ein neuer Baustein, welchen wir beim Bauen in Anwendung bringen. Bedürfen wir bei der vierseitigen Ecksäule als Aufsatz der vierseitigen Spitzsäule, so bei der Walze als Aufsatz des Kegels, wieder eines neuen Bausteines. Es wird aber wohl auch angehen, dass man auf eine Ecksäule einen Kegel, auf eine Walze eine Spitzsäule setze. Mit den Türmen haben die Öfen in gewissen Beziehungen in der äußeren Form manche Ähnlichkeit, so dass wir sie „unter Einem" besprechen und darstellen können. Zuerst also die Öfen, dann die Türme. 1. Die Öfen sind entweder viereckig, oder rund. a) Ein viereckiger Ofen. Die Grundlage besteht aus einer Ecksäule von zwei Würfelgröße, oder man schiebt zwei einzelne Würfel aneinander. Auf den zwei inneren Würfeln erheben sich drei Säulchen, deren jede die halbe Breite, aber die doppelte Höhe eines Würfels hat; darüber legt man ein Doppel Würfelplättchen ; auf dieses stellt man wieder drei Säulchen, legt ein Doppel-Würfelplättchen darauf. Den Schluss bildet ein einfaches Würfelplättchen, das in der Mitte liegt. (S. Georgens: Orbis laboris, I., Heft 1, Tafel 3, Nr. 16) b) Ein Pyramidenofen. Die Grundlage bilden drei Würfel; darauf legt man wieder drei Würfel oder eine Ecksäule von drei Würfelgröße; darüber kommen zwei Würfel zu liegen, so, dass zwischen beiden ein leerer Raum entsteht; darüber legt man zwei Würfel oder eine Ecksäule von zwei Würfelgröße; den Schluss macht ein Würfel. (S. Georgens: Orbis laboris I. Zweite Auflage, Heft 1, Tafel 3, Nr. 17.) c) Ein schwedischer Ofen, aus Würfeln und Würfelplättchen von zwei Farben zusammengestellt und oben mit einem Gesimse abschließend. (S. Georgens: Orbis laboris. Zweite Auflage, Band 1, Heft 3, Nr. 22) 2. Die Türme. Zu den Türmen zählen wir auch die Obelisken, Steindenkmäler. Ganz genau kann man sie nicht wiedergeben, weil ihre Basis etwas breiter ist, als ihr oberes Ende, sie nehmen von unten nach oben allmählich ab. Wer darum Bedenken hegt gegen das Errichten von Obelisken mittelst vierseitiger Ecksäulen, der baue Denksäulen. Doch wird es kaum schaden, wenn die Kleinen den Versuch machen, 4 oder 5 Ecksäulen aufeinander zu stellen und oben mit einer vierseitigen Dachspitze abzuschließen. Hierbei ist es notwendig, Ruhe, Behutsamkeit an den Tag zu legen. Zwar ist es wünschenswert, der Volubilität der Kinder keine Hemmschuhe anzulegen; allein es ist gut, sie dann und wann an einen bestimmten Grad von Ruhe und stillem Wesen zu gewöhnen. Denn ohne Ruhe bei der Ausführung eines Werkes wird man nur sehr Mangelhaftes leisten. a ) Ein ganz einfacher Turm. Eine vierseitige Ecksäule von drei Würfelhöheb; darauf wird eine Spitzsäule, deren Grundfläche ein Quadrat ist, gesetzt und der Turm steht da. b ) Ein einfacher Tor-Turm. Derselbe hat über dem Tor ein Bogenfenster und schließt mit dem vierseitigen Pyramidendache ab. c) Leuchtturm mit Stufenuntersatz, auf dem sich drei Rundsäulen erheben; die Laterne trägt ein Winkeldach. d) Man kann zwei Türme nebeneinander stellen. Zwei Kinder können sich an dem Baue derselben beteiligen. e) Ein Turm auf einem Torhause. Zuerst wird ein Tor errichtet, über welchem sich die Wohnung des Torwächters befindet, die den Turm trägt. (Ähnlich bei Georgens, Orbis laboris, Zweite Auflage, Tafel VI. und V. Nr. 32, 37 und 41). 7. Kombination der Grundformen. Einige Kombinationen kamen schon vor, wie Türme mit Durchbrechungen, oder zwei nebeneinandergestellte Türme. Nun wollen wir noch einige davon, die wohl auch ohne Zeichnungen werden ausgeführt werden können, folgen lassen. a) Kirche mit Turm. Man baut eine Kirche, d. h. man richtet eine Mauer auf, legt auf diese das Dach; jene besteht aus neun Würfeln; drei und drei bilden eine Säule; alle drei Säulen schiebt man aneinander. Nebenan, links, stellt man den aus fünf Würfeln und einem Aufsatz, einer Spitzsäule oder einem Kegel gebildeten Turm. b) Turm und Kreuz. Wollen wir beide aufführen, so müssen wir wohl einen großen Turm bauen. Das kann wieder ein gemeinschaftlicher Bau der Kinder fein. Sie mögen einen hohen Turm errichten, um darauf ein einfaches Kreuz stellen zu können. c) Tor mit zwei Türmen. Es wird ein Tor mit einem Rundbogen errichtet. Links und rechts stehen Türme; ein jeder besteht aus vier aufeinander liegenden Würfeln, darauf kommt je eine Spitzsäule. Zwischen beiden Torpfeilern und den zwei Türmen befinden sich je zwei Würfel, damit letztere frei stehen. d) Noch wollen wir einige Denksäulen beschreiben. Eine Denksäule mit einer Unterlage von fünf Würfeln. Auf dem mittleren Würfel erhebt sich eine aus 6 - 10 Würfeln bestehende Säule. e) Denkmal. Die Basis ist aus vier Würfelzweier gebildet, auf den mittleren erhebt sich links und rechts je ein Dreier Würfel. Darauf wird der Bogen gesetzt, auf welchem das Giebel-Dach ruht. In der Mitte steht das Nischenkreuz und zwei einfache Kreuze zieren die beiden Seiten. (Ähnlich bei Georgens: Orbis laboris I., Zweite Auflage, Heft 1, Tafel 1, Nr. 36) f u. g) Den Schluss mögen zwei römische Kirchen machen. (Basilika.) Dies unser Bauen für den Kindergarten und die Kleinkinderbewahranstalt. Wir brachten nur 29 Gegenstände. Wir taten dies absichtlich, weil wir der Überzeugung leben, dass wenig, gut ausgeführt, besser ist, als viel, aber schlecht. Wir brachten nur architektonische Formen, welche den Kindern vorgebaut und von ihnen nachgebaut und auch aus der Erinnerung von ihnen frei gebaut werden. Zum Freibauen muss jedem Kinde Zeit gegeben werden, um ungestört für sich allein, wie in Gemeinschaft bauen zu können. Die größeren Kinder mögen alle vierzehn Tage auch einmal eine halbe Stunde nach der Zeichnung bauen. Fröbel und seine Schule schlagen noch immerfort andere Wege ein. Sie gestatten sich alle nur erdenkliche Kombinationen, wobei die überreizte Phantasie besonders in Anspruch genommen wird, so dass häufig wunderliche phantastische Gebilde zu Stande kommen, aber nur keine architektonische Formen. Sie lieben das Maßlose. So stellt Fröbel mittelst Bausteinen oder Bauklötzchen die Herde mit ihrem Hirten zusammen. Den Hirten stellen zwei aufeinander liegende Würfel dar, während ein Würfel ein Tier der Herde sein soll. Dazu bedarf es einer unbändigen Fröbelphantasie, um mit Würfeln Menschen und Tiere vorzuführen. Wie wir sahen, baute Fröbel mit Klötzen Bäume, ja er geht noch weiter, er stellt sogar ganze „Baumgänge“ damit her. Und noch mehr, er baut – wunderbar genug – auch eine „Kanone“, und singt darüber: „Die Kanone ist geladen, Kinder, nun merkt auf! Es schießen die Soldaten, Piff, paff, pauff! Lauter Schall und schnelle Kraft Viele Lust, mein Kind, Dir schafft." Wer so etwas den Kindern vorsingen kann, der hat sich ein Armutszeugnis ausgestellt, wodurch bekräftigt wird, dass Fröbel das Geschmacklose, das Schlechte auf den Thron erheben wollte, natürlich im Reiche der Fröbelei. Und welches Baulied stimmt die Naveau an! „Jetzt kommt der Drehorgelmann Und stimmt sein Liedchen an, hört nur, es klingt so fein, Drum lasst ihn nur herein. La lo lu, la lo lu.“ Wie man beim Bauen den Drehorgelmann ins Mitleid ziehen kann, ist uns unbegreiflich. Baut die Naveau mit Klötzchen einen Mann und eine Drehorgel? Das ist doch die größte pädagogische Verirrung, die je in der Geschichte der Pädagogik in Erscheinung getreten ist. Trotz dieser Verirrung und Verkehrtheit verwundert sich die Fröbelei doch, dass man sie angreift, dass man sie bekämpft. Daraus geht aber hervor, dass sie ganz und gar von Eigendünkel und Eigenliebe verblendet und pädagogisch unzurechnungsfähig ist. 3. Das Täfelchenlegen Diese Beschäftigung kann zu einer Lieblingsbeschäftigung der Kinder werden, vorausgesetzt, dass man sie dabei nie die Grenzen des Schönen überschreiten lässt, um, wie es im Fröbel'schen Kindergarten geschieht, in dem Gebiete des Hässlichen heimisch zu machen. Um dieser Beschäftigung noch mehr Reiz zu verleihen, wählen manche, wie Dr. Georgens in seinem Orbis laboris, verschiedene Farben für die einzelnen Täfelchen, um dadurch den Farbensinn der Kleinen zu wecken und zu bilden. Das Täfelchenlegen ist die erste Beschäftigung in welcher der Farbensinn in Verbindung mit dem Formensinne des Kindes geübt wird. Gegen das fünfte Jahr hin verlangt jedes Kind verschieden farbige Flächen nebeneinander zu sehen und es muss diesem Bedürfnisse, das ein allgemein menschliches ist, rechtzeitig und in der richtigen Weise genügt werden. (Georgens, Orbis laboris.) Wir werden auch beim Täfelchenlegen eine weise Beschränkung eintreten lassen, denn die Kinder der Kleinkinderbewahranstalt und des Kindergartens sollen nicht überfüttert werden, aber deshalb können wir es doch nicht unterlassen, auf die Farbenzusammenstellungen unser besonderes Augenmerk zu richten. Welche Formen sollen vor allem die Täfelchen haben? Dies ist eine wichtige Frage, die wir aufwerfen, sobald wir das Wort Beschränkung ausgesprochen. Wir wählen das Quadrat, das in zwei gleiche Teile mittelst der Diagonale geteilte Quadrat, also gleichschenklige Dreiecke, dann gleichseitige Dreiecke, und diese von der Spitze nach der Mitte der Basis halbiert. Die Täfelchen können von Holz, von Pappe oder aus einer Steinmasse sein; im letzten Falle können sie gepresst oder gegossen werden, wie sie Dr. Georgens auch ausführen lässt. Die Farben, welche beim Täfelchenlegen zur Verwendung kommen können, sind: gelb, blau und rot; grün, violett und orange. Schwarz und Weiß können als Abscheidungsfarbe dienen. Die Farbe der Täfelchen darf keinen Glanz haben, sondern muss matt aber gesättigt sein, so dass das Auge dieselbe vollkommen genießen kann. Bei der Zusammenstellung gilt die einfache Regel: dem Rot gegenüber verlangt das Auge zur angenehmen befriedigenden Ergänzung das Grün, dem Gelb gegenüber das Violett, dem Blau gegenüber das Orange. Bilden die dunkleren Farben die Mitte, so müssen die helleren nach außen die Form abschließen und umgekehrt. (Georgens, Orbis laboris, Heft 2.) Wir teilen die Formen, die mit Täfelchen gelegt werden, in mathematisch-geometrische und in geometrische Zierformen. Zu den mathematisch-geometrischen Formen zählen wir folgende (Tafel VIII, Fig. 1 – 8.): 1) Ein Quadrat, (rot). 2) Mit zwei Quadraten ein Rechteck legen, (rot und grün). 3) Mit drei Quadraten ein negatives Dreieck legen, in den drei Grundfarben rot, blau und gelb. (Georgens, Orbis laboris, I., Heft 2, Tafel 1, Figur 3.) 4) Mit fünf Quadraten ein negatives Fünfeck, gelb, blau, rot, grün, violett. 5) Ein Quadrat aus acht gleichschenkligen Dreieckflächen gebildet: das innere Quadrat rot und grün abwechselnd, die umschließenden Flächen schwarz. 6) Ein Achteck aus vier Quadraten und vier gleichschenkligen Dreiecken zusammengesetzt. Mittelquadrat rot, die vier Quadrate grün, die Dreieckflächen violett. 7) Mit vier gleichseitigen Dreiecken ein größeres Dreieck in derselben Form. Das Mitteltäfelchen gelb, die drei andern violett. 8) Ein Sechseck mit sechs gleichseitigen Dreiecken; sechs Ecken treffen sich in einem gemeinschaftlichen Mittelpunkte. Drange, grün und violett wechseln ab. Zu den geometrischen Zierformen, welche mit Täfelchen gelegt werden können, zählen wir Kreuze und Sterne und deren Kombinationen. (Tafel VIII. u. IX., Fig. 10 - 18.) 9) Mit fünf Quadraten ein Kreuz legen: Mitte gelb, die vier äußeren Quadrate blau. 10) Zwei Kreuze verbunden. Mittelpunkt schwarz, das Mittelkreuz rot, das andere gelb. 11) Zierkreuz, aus acht gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzt, von denen je zwei Dreiecke eine Raute bilden. Die inneren Dreiecke grün, die äußern violett 12) Der Sechsstern, aus zwölf gleichseitigen Dreiecken zusammengesetzt. Das innere Sechseck blau, die Strahlen orange. 13) Achtstern, aus sechszehn gleichschenkligen Dreiecken gebildet. Die nach innen gekehrten Dreiecke violett, die äußern gelb. 14) Achtstern, mit negativem Kreuz; aus achtzehn gleichseitigen, vier rechtwinkligen Dreiecken gelegt. Die inneren Dreiecke rot, die Strahlen grün. 15) Ein aus acht Rauten gebildeter Achtstern. Die Rauten werden abwechselnd blau und orange. 16) Fünfstern, aus halbierten gleichseitigen Dreiecken gelegt. Jeder Strahl hat zwei Farben: violett und gelb. 17) Der Achtstern vom Quadrat umschlossen. Die Eckquadrate violett, die verbindenden Mitteldreiecke grün. 18) Kreuz im Quadrat. Ecken schwarz, die verbindenden Quadrate und das Mittelquadrat rot; die vier übrigen Quadrate, die das Kreuz bilden, gelb. (Georgens, Orbis laboris. Heft 3.) Die Farben sind in der Zeichnung durch die verschiedene Schraffierung angedeutet: Die senkrechte Schraffierung bedeutet blau, die waagrechte rot, die Punktierung gelb. Das Grün wird durch die diagonale Schraffierung bezeichnet, orange durch Wellenlinien und violett durch waagrechte und senkrechte Doppelschraffierung. Die Täfelchen kann sich der Erzieher von Pappe selber anfertigen, sollten die Mittel, dieselben zu kaufen, nicht vorhanden sein. Beim Anfertigen der Lehrmittel lernt der Erzieher noch sehr viel; dazu schadet es ihm keinesfalls, wenn er sich selbst zuweilen technisch beschäftigt.
Auffällig ist, dass es eine dritte Bogenform gibt, den Torbogen. Dafür wird die Dachkuppel nicht erwähnt oder auf den Tafeln gezeigt. |
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